Agiles Arbeiten –

Arbeitswelt neu gedacht?

Was ist Agiles Arbeiten? Flexible Stundeneinteilung, Projektmanagement von Ibiza statt vom Büroschreibtisch aus, ein Arbeitsleben ohne Führungskraft? Auf keinen Fall. Wie Agiles Arbeiten wirklich funktioniert, ist immer noch vielen Unternehmen ein Rätsel – und das, obwohl das Arbeitsmodell immer beliebter wird. Entstanden ist die agile Arbeitsweise als Antwort auf die Folgen der Digitalisierung – immer komplexere und dynamischere Aufgaben und Prozesse brauchen ein Modell, das sich anpasst.

Was bedeutet Agiles Arbeiten?

Agiles Arbeiten bedeutet nicht einfach „etwas flexibler zu sein“ oder „Arbeit etwas schneller auszuführen“. Es handelt sich um eine strukturierte Form des gemeinsamen Arbeitens, die in vielen Punkten mit klassischen Organisations- und Projektstrukturen, Hierarchien oder gewohnten Arbeitsstrukturen kollidiert. Denn es geht darum, sich von starren Vorgaben zu lösen und die Fähigkeit zu erschließen, als Team oder Unternehmen zeitnah und flexibel auf Änderungen und Neuerungen zu reagieren. Im Mittelpunkt steht dabei der Kunde, der mit seinen Bedürfnissen und Wünschen so früh wie möglich in das Projekt eingebunden werden soll, um Feedback zu geben. Die Idee hinter dem Modell: das zu erreichende Ziel ist festgelegt, der Weg dorthin nicht. Step by Step, immer ein Schritt nach dem anderen, lautet das Prinzip. Klappt etwas nicht richtig, wird korrigiert. Auch internes Feedback spielt dabei eine wichtige Rolle. Damit agile Teams erfolgreich zusammenarbeiten, sind folgende Punkte von Bedeutung:

  • Freiwilligkeit und Motivation der Mitarbeiter*innen
  • Ziele, Leitbilder und Purpose, also ein “Commanders Intent”
  • Die Arbeit erfolgt in kurzen Zeitintervallen mit regelmäßigem Feedback
  • Kunden werden stets miteinbezogen
  • Die Teams sind klein und selbstorganisiert
  • Wertorientierung steht im Fokus, es kommt auf Kundenerwartungen, Aufgaben-Priorisierung und konkrete Ergebnisse an

An agilen Methoden mangelt es nicht

Um Agiles Arbeiten im Unternehmen einzuführen, gibt es verschiedene Wege und Methoden. Die wichtigsten sind:

Scrum
Eine Art des Agilen Arbeitens ist die Projektmanagementmethode Scrum. Aufgeteilt in die drei Rollen des Product Owners, des Scrum Masters und des Teams wird ein Projekt in Form verschiedener „Sprints“, also kurzer Abläufe, absolviert. Dabei nimmt der tägliche Austausch im Team eine zentrale Rolle ein. Planungssitzungen vorab und Reviews sowie Retrospektiven am Ende der zwei- bis vierwöchigen Sprints gehören ebenfalls dazu, um künftige Projekte optimieren zu können. Die Rollenverteilung sorgt dafür, dass sowohl Kunde als auch internes Team immer am Ball bleiben: Für den Product Owner stehen Kunde und Produkt im Mittelpunkt, der Scrum Master kümmert sich darum, dass die Regeln der Scrum Methode eingehalten und die Arbeitsweise so optimiert werden kann.

Kanban
Die Kanban Methode bietet ähnliche Möglichkeiten. Ursprünglich entwickelt zur Produktionssteigerung, hat die Methode vor allem Einzug in die Softwareentwicklung gehalten. Im Mittelpunkt steht dabei das Kanban Board, denn die agile Methode stellt die Visualisierung von Aufgaben in den Fokus. Mithilfe einer tabellarischen Übersicht und verschiedenen Aufgabenkärtchen können besonders Projekte mit einer Vielzahl an To-Do’s einfach aufbereitet werden, um stets den Überblick zu behalten. So entsteht die Basis für einen effizienteren Workflow im agilen Team.

Tools im Agilen Arbeiten: Trello
Das Tool Trello basiert auf Kanban und unterstützt dabei, Aufgaben zu organisieren und zu priorisieren. Mitarbeiter*innen können mit Trello Boards, Listen und Karten für verschiedene Projekte und Aufgaben erstellen.

Sowohl Scrum als auch die Kanban Methode geben keine konkreten Regeln vor, wie jedes Teammitglied zu arbeiten hat, sondern bieten lediglich ein Framework, also einen Rahmen für die Arbeit. Neben den beiden Methoden gibt es viele weitere Möglichkeiten Agiles Arbeiten im Unternehmen umzusetzen, zum Beispiel durch das hierarchielose Konzept der Holokratie oder die Methodik des Design Thinking. Ganz egal, welche agile Methode gewählt wird, eines ist immer Voraussetzung: das richtige Mindset. Eine Grundlage dafür bietet das Agile Manifest, das vier Grundsätze festlegt:

  • Interaktionen und Personen stehen im Mittelpunkt
  • Die Dokumentation von Prozessen reiht sich hinter dem Produkt ein
  • Der Austausch und die gemeinsame Arbeit mit dem Kunden sind wichtiger als Vertragsverhandlungen
  • Statt festgelegte Pläne zu verfolgen, muss flexibel auf Veränderungen eingegangen werden

Wie sieht Führung in agilen Unternehmen aus?

Mithilfe verschiedener Methoden lässt sich Agiles Arbeiten also in bestimmte Bahnen lenken. Agilen Prozessen zu folgen bedeutet allerdings nicht, ohne jegliche Führung zu sein. Eine agile Organisation besteht aus einzelnen agilen Teams, über verschiedene Ebenen im Unternehmen hinweg – von Projektgruppen bis hin zum Management. In Leitungsteams organisiert, folgen alle einem Unternehmensleitbild. Die Idee ist nicht, dass es überhaupt keine Führungsebenen mehr geben soll. Allerdings können diese durchaus verringert werden, um Zusammenarbeit und transparente Kommunikation zu fördern. Statt einer zentralen Führungsperson sollen Führungsqualitäten auf allen Ebenen gefördert und im Unternehmen eingebracht werden. Dazu gehören auch regelmäßige Feedbackgespräche innerhalb der Teams, um nicht nur die Arbeitsweise, sondern auch die eigenen Fähigkeiten zu verbessern. Denn in einem System, dass auf Heterarchie statt Hierarchie setzt, treffen die einzelnen Teams alle wichtigen Entscheidungen und übernehmen Verantwortung für diese.

Die Unternehmenskultur muss sich anpassen

Permanentes Feedback kann allerdings auch zu starkem Stress führen. Besonders, wenn sich Beurteilungen auf die eigenen Fähigkeiten beziehen. Wie können Mitarbeiter*innen damit am besten umgehen? Einen großen Einfluss hat die zugrundeliegende Unternehmenskultur. Im Zuge des Transformationsprozesses muss auch sie sich anpassen. Die dezentralen Strukturen sollen zu einer Kultur der Offenheit und Wissensförderung beitragen. Niemand soll das Gefühl vermittelt bekommen, ständig kritisiert zu werden. Vielmehr geht es darum, gemeinsam zu wachsen – als Unternehmen, aber auch persönlich. Um dieses Gefühl zu erzeugen, muss als Basis eine Unternehmensidentität vorhanden sein, in der Innovation, Dialogkultur und Lernen aktiv gelebt werden. Darüber hinaus liegt der Fokus auf der Zukunft und deren Gestaltung. Mitarbeiter*innen sollen das Gefühl bekommen, mit ihren Ideen daran teilhaben zu können.

Agiles Arbeiten: Schritt für Schritt einführen

Agiles Arbeiten lässt sich nicht von heute auf morgen im Unternehmen einführen. Gerade, wenn jahrzehntelang in festen Strukturen und mit gewohnten Titeln und Verantwortlichkeiten gearbeitet wurde, ist Fingerspitzengefühl gefragt. Wer einen sanften Übergang zum Agilen Management wählt, gibt Mitarbeiter*innen genügend Zeit, sich umzugewöhnen. Außerdem besteht die Möglichkeit, aufkommende Herausforderungen zu erkennen und anzugehen, ohne dabei die eigentliche Arbeit zu vernachlässigen. Denn ein agiles Unternehmen zu werden braucht Zeit. Es handelt sich um einen langfristigen Lern- und Transformationsprozess. Eine gute Möglichkeit ist es daher, zu Beginn nur einzelne agile Teams zu bilden und das Programm auszuweiten, nachdem die Mitarbeiter*innen sich von dessen Erfolg überzeugen konnten. Klar sollte auch sein: Agiles Arbeiten lässt sich nicht erzwingen und überall einführen. Es gibt Tätigkeiten, die festen Strukturen unterliegen müssen. Der Ablauf der Arbeit von Ärzten im OP oder von Fabrikarbeitern in der Produktionstechnik kann beispielsweise nicht verändert werden, denn er folgt Arbeitsschritten, deren Erfolg von einer festgelegten Reihenfolge abhängen.

Der Einblick in die Agile Arbeitsweise zeigt: Geschäftsführer*innen müssen bereit sein, ihr Unternehmen Stück für Stück umzukrempeln. Denn um Agiles Arbeiten nachhaltig zu implementieren, ist ein echter Transformationsprozess notwendig. Doch egal, welche agile Methode gewählt wird: Wer die richtige Haltung mitbringt und bereit ist, selbstorganisiert auf ein klares Ziel hinzuarbeiten und den Menschen dabei in den Mittelpunkt zu stellen, der ist gewappnet für die neuen Herausforderungen der Arbeitswelt und der Digitalisierung.